Weshalb die Gehälter im Detailhandel so tief sind
Im Grunde entlöhnen Detailhandel- und Konsumgüter-Branche zurückhaltender als das Gastgewerbe.
16.09.2022letzte Aktualisierung: 9.09.2024
In der Theorie ist es einfach: Die Löhne sollten im Einklang mit der Produktivität eines Unternehmens stehen – beziehungsweise einer Branche. In Branchen mit hoher Wertschöpfung, beispielsweise Pharma, sind die Gehälter also besser denn in Bereichen mit eher tiefer Wertschöpfung, beispielsweise Gastronomie.
So weit, so klar, so theoretisch. Das Konjunkturforschungsfirma BAK hat im Auftrag der IG Detailhandel die Gesamtbedeutung der Branche untersucht. Dabei stellten die Forscher auch die Stundenlöhne im Detailhandel ins Verhältnis zur Stundenproduktivität. Dann verglichen sie das Ganze mit anderen wichtigen Branchen.
- BAK: «Die Bedeutung des Detailhandels für die Schweizer Volkswirtschaft». Eine Studie im Auftrag der Interessengemeinschaft Detailhandel, August 2022.
Zum einen ergab sich, dass die Wirklichkeit in der Schweizer Wirtschaft die Theorie durchaus ein bisschen spiegelt: Chemie und Pharma, Maschinenbau, Grosshandel, Gesundheits- und Sozialwesen, Bau – hier kam die Faustregel «je produktiver, desto lukrativer» durchaus ans Licht.
Doch es gibt krasse Ausreisser. Nach oben sind es IT und «Unternehmensbezogene Dienstleistungen» (also beispielsweise Beratung), und es ist insbesondere der Finanzsektor: höchste Löhne, mittelmässige Produktivität.
Das vielerorts verbreitete Gefühl, dass hier der Massstab verlorenging, scheint sich durch die BAK-Daten also zu bestätigen.
Stundenlöhne im Verhältnis zur Stundenproduktivität: Detailhandel eher tief, Finanzbranche, IT und Verwaltung sehr hoch. | Grafik/Quelle: BAK, aus der zitierten Studie.
Bemerkenswert ist an dieser Stelle aber die untere Hälfte der Grafik: Sowohl der Detailhandel als auch die Nahrungs- und Getränkeindustrie finden sich in einem überaus tiefen Band.
Stellt man diese beiden Sektoren ins Verhältnis zur Produktivität, so lässt sich zugespitzt sogar sagen: Da wird sogar zurückhaltender entlöhnt als im Gastgewerbe.
Oder wie es die BAK-Studie etwas vorsichtiger formuliert: «Für den Detailhandel zeigt sich, dass die Branche hinsichtlich nominaler Stundenproduktivität und damit auch hinsichtlich Lohnniveau eher am unteren Rand einzuordnen ist.»
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Ist also alles klar? Nicht ganz. Es gibt noch andere Faktoren zu berücksichtigen – etwa die Lage auf dem Arbeitsmarkt (wo fehlen am meisten Fachkräfte?) und auch das so genannte Kompetenzniveau der Jobs. Wenn man dies berücksichtigt, so «verringert sich die Lohndifferenz zum Durchschnitt der anderen Schweizer Branchen allerdings deutlich», räumen die BAK-Forscher ein.
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Tendenziell entwickelten sich die Bruttolöhne im Detailhandel in den letzten 10 Jahren etwas besser als in der Gesamtwirtschaft. Dies vor allem dank Produktivitätssteigerungen – zum Beispiel wegen der Automatisierung.
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